Ragan Arnold

Glossar

Was ist Glas? ...und was man (als Künstler) damit so machen kann...
Ein Versuch das Glas als Material für eine künstlerische und kreative Produktivität zu beschreiben:

Zunächst standen hier nur eine einfache Auflistungen und Erklärungen über Glas. Etwas zum Lesen von dem, wie ich mit Glas arbeite und was ich weiß, was andere damit so tun, dann ist mir noch mehr eingefallen und nochmal mehr   –   aber vollständig wird es wohl nie ganz werden, soll es das überhaupt? Es ist ja auch eine subjektive Auswahl von dem, was ich denke, was es über das Glas zu erzählen gäbe und welche Begriffe zu erklären, welche Zusammenhänge wichtig seien...
  aber wenn Ihnen Fragen einfallen, oder gar Irrtümer auffallen, bitte melden Sie sich!

Inzwischen gibt es ein Inhaltsverzeichnis, rechts oben im Eck, und auch ein Register, ganz unten
Und die, die es genauer wissen wollen, finden vielleicht mehr in meiner "Formelsammlung" in den Downloads ...

Aber die Motivation liegt vielleicht auch darin, dass ich in meiner Ausseinandersetzung mit diesem Material immer wieder gezwungen war, einzelne Aspekte aus ganz unterschiedlichen Quellen zusammenzusuchen um dann feststellen zu können, dass man 'mit Wasser kochen' auch ganz schön weit kommt. Gut - manches ist banal, aber trotzdem können Physik, Chemie und nicht zuletzt auch die Mathematik manchmal wichtige und mächtige Werkzeuge sein! Auch die Geschichte(n) und Begrifflichkeiten, die daran hängen, sind immer wieder wichtig um den eigenen Standpunkt klar verorten zu können.
Aber es geht mir nicht nur darum meine eigene Neugier, wie etwas gemacht wird (und wie ich es selber machen könnte) zu befriedigen, ich finde in diesem Metier genügend Möglichkeiten an ungehobenen Schätzen, angefangen von der Formensprache, den Phänomenen und auch dem notwendigen Umdenken und dem sich-Einlassens auf diese materialtypischen Morphogenese mit all ihren Widerständen. Wie auch in dem Ausblick auf die Nutzung von den Glastechniken für eine künstlerische Produktion am Ende erwähnt, sehe ich gerade in der konstatierten Obsoleszenz des 'alten', händischen Umgangs mit Glas um so mehr die Chancen für eine Neuentdeckung der Potentiale dieses 'ersten Kunststoffs'.





Was ist Glas?
und was man damit machen kann...

Formen und Funktionen

Glas tritt in zunächst ganz unterschiedlichen Erscheinungen und Anwendungen auf:
als Hohlglas: Behälterglas, Flaschen, Trinkgläser, u.s.w. - allgemein: geblasenes Glas
aber auch als Flachglas: Fenster-, Spiegel- oder Floatglas , Guss- und Ornamentglas , sowie auch als Brillengläser oder Linsen, oder historisch als Mondglas, Butzenscheiben, oder Antikglasscheiben (für Kirchenfenster), um nur einiges zu nennen
Wenn man Glas als Material weiter verarbeiten möchte, taucht es aber oft auch noch in anderen Formen auf:
Linsenpresslinge, Glasblöcke, Glasprismen zur Weiterverarbeitung in der optischen Industrie;
Farbglaszapfen, Glasstäbe und -Röhren als Halbfertigprodukte zur Weiterverarbeitung vor der Lampe oder am Ofen;
Glasbrocken, Glasfritte, Glaskrösel, Glasmehl als Rohmaterial für Scherbenschmelze und Malerei oder andere Dekorationstechniken.

Chemie der Gläser

Ich hoffe jetzt nur, dass ich nicht allzu Viele abschrecke, wenn ich so 'greuliche' Schulthemen aufs Tapet bringe. Und da kommt noch mehr davon, sogar Logarithmen ...   dabei ist das hier doch fast so einfach wie Kochen oder Backen ... okay, die Temperaturen sind ein bisschen höher. Und naja, zumindestens umgekehrt ist es ja auch richtig: beim Kochen und Backen ist immer auch Chemie und Physik dabei, man muss nur nicht soviel dabei darüber nachdenken, denn man weiß ja wie es geht, also meistens ... aber manchmal reicht diese 'intuitive Mathematik' nicht mehr, wenn ich da an manche Vormittage in der Schulmensa als 'Kochmutter' denke und man braucht dann doch so etwas wie ein bisschen Dreisatzrechnen, trotz dem dass da einige Großgeräte sogar schon einen Touchscreen hatten.

Grundsätzlich kann man Gläser auch nach ihrer chemischen Zusammensetzung einteilen:
Acrylglas, Polycarbonatglas sind Beispiele organischer Gläser im Gegensatz zu den Silikatgläser:
Das „Normalglas“ ist das Kalk-Soda-Glas für fast alle Anwendungen;
Kristallglas ist eine Handelsbezeichnung für Gläser, die einen Mindestmengenanteil an bestimmten Oxiden enthalten, z.b. das Bleikristallglas, und i.d.R. besser geeignet ist für die händische Verarbeitung;
Boro-Silikat Gläser sind temperaturwechselbeständige Hartgläser für Labor und Haushalt wie Reagenzgläser oder Glas-Kaffeekannen, und werden auch häufig benutzt um "vor der Lampe" Glas zu blasen ;
Glaskeramik ist noch besser temperaturwechselbeständig, z.B. für Herdplatten und Ofensichtfenster, und hat neben besonderen Zusammensetzungen einen speziellen Herstellungsprozess zur gezielten Devitrifikation, d.h. der partiellen Umwandlung des Glases zu einer Keramik in ihrem inneren Aufbau;
Quarzglas hat eine noch höhere Temperatur-Beständigkeit, Härte und hohe UV-Durchlässigkeit z.B. für spezielle Lampen;
während Wasserglas ein in Wasser kolloidal gelöstes Natrium- oder Kalium-Silikat ist, oft als mineralisches Bindemittel benutzt.

chemische Zusammensetzung von Gläser

Abstrakt kann man die Zusammensetzung der Silikatgläser als der einer Schmelze der Mischung von Oxiden 1-, 2- 3- und 4-wertigen chemischer Elemente beschreiben,
im einfachsten Fall: 1 mol Alkalien (Na2O, K2O) plus 1 mol Erdalkalien (CaO, MgO oder auch PbO, BaO, ZnO) auf 4-6 mol SiO2, oft ergänzt mit kleineren Anteilen Al2O3 (und wenn nur aus dem Schamotte des Hafens gelöst, denn flüssiges, heißes Glas 'frisst' an der Keramik). Und nicht, dass das jetzt fixe Proportionen sind: es gibt viele mögliche Kombinationen und mögliche Anteile, nur dass sich dann eben Eigenschaften verändern und damit jedes Glas sich (ein bisschen) anders verhält. Man könnte pauschal sagen, dass Alkalien das Glas „weich“ machen, Erdalkalien das Glas „kurz“ und der Anteil der 3- und 4-wertigen es „hart“ machen.

... und weil ich vorher vom Kochen und Backen geredet habe, anschließend gleich ein Rezept zum Ausprobieren! Und wenn Ihr noch ein bisschen mehr wollt, kann man ja versuchen die 'Suppe' mit dem einen oder anderen Schwermetalloxid zu 'würzen', also mal Rost sammeln (ja, Eisen ist auch ein Schwermetall!) oder einen alten Kupferdraht ausglühen und den Zunder fein vermahlen! Oder geht mal auf die Seiten von Händlern für Töpferbedarf und schaut Euch bei den 'Rohstoffen' um, man braucht nicht viel.

Glas schmelzen

Wählt man im ersten Beispiel 1 Na2O mit 1 CaO zu 5 SiO2, in ihren molekularen Teilen, hat man im geschmolzenen Glas eine Gewichtsanteil von (grob gerundet) 15:13:72 auf 100 Gewichtsteile Glas und dafür einen Glassatz aus den Rohstoffen Soda (calziniert), Kalk und Quarzmehl: 25:24:72 (hat man jedoch gerade nur 'Natron', dann davon aber bitte 40 Teile).
Wenn man die Pulver gut gemischt in einen feuerfesten Hafen (Schale, Tiegel oder Wanne) auf Temperaturen von über 1000°C bringt, schmilzt das Soda und löst dabei das Kalzium- und Siliziumdioxid auf, die Kohlensäure entweicht aus den Carbonaten und es bildet sich als Rauschmelze ein sehr blasiges, zähes Glas; steigert man die Temperatur weiter (bis über1450°C in der Industrie) wird das Glas flüssiger, Gasblasen (CO2) steigen leichter auf und das Glas wird geläutert; um es dann zu verarbeiten senkt man die Temperatur wieder auf 1100 - 1250°C, je nach dem wie und was man damit tun will...

also im einfachsten Fall lässt man das Schälchen mit dem Glas einfach abkühlen, es bekommt halt ein paar Sprünge, sieht aber dekorativ aus; oder man macht Fritte: einfach das heiße Glas aus dem Tiegel in Wasser schütten, es zerspringt dann ein kleine Stücke; oder man gießt es auf eine Eisenplatte oder ein Sandbett (eine alte, kräftige Schere nicht vergessen!) und drückt es platt und wenn dann noch ein (zweiter) Ofen so bei 500- 600°C bereitsteht, in der das Glas, sobald es nicht mehr glüht, eingetragen wird, überleben diese Plaketten auch! (in der Regel ...)

Schmelzöfen

Und wie das auch schon den Menschen vor 3500 Jahren in Mesopotamien, Ägypten oder der Levante gelungen ist, ganz ohne Gas, Elektrizität und modernen, hochfeuerfesten Materialien, funktioniert es in einer kleinen Porzellanschale in einem kleinen Keramikofen als Schulversuch noch einfacher.

Eigentlich mussten die Glasmacher vor 500 Jahre hier bei mir im Schurwald oder anderswo oder zu anderen Zeiten so viel mehr wissen, um nicht nur ihr 'Waldglas' zu machen sondern auch die bunten Scheiben für die Kirchen, die wir heute noch bestaunen. Wo bekomme ich die richtigen Erze, wie muss ich die Rohstoffe aufbereiten und wie erkennen ich, ob dieser Ton, dieser Sand der richtige ist? Unsereins muss nur noch hier und da nachlesen, um dann online die Materialien und Oxide zu bestellen, um sie dann ein paar Tage später in der Hand zu halten ...

In der Industrialisierung ist der traditionelle Hafenofen zunehmend von Wannenöfen mit regenerativer Beheizung abgelöst worden. Die Größe allein schon bringt eine größere Effizienz, da der Energiebedarf u.a. von der Ofenoberfläche bestimmt wird, die im Gegensatz zum Volumen aber nur im Quadrat statt im Kubik wächst. Die kontinuierlichen Öfen sind gekennzeichnet durch die Abwandlung des zeitlichen Prozesses, wie oben beschrieben, in einen räumlichen, bei dem das flüssige Glas die verschiedene Stadien wie ein Fluss durchläuft. Dieser durchgehenden Betrieb über die gesamte "Ofenreise" und die maschinelle, hoch automatisierte Fertigung machen die heutige Massenproduktion an Hohl- und Flachglas erst möglich.

Glasfarben – Farbglas

Bei Vorhandensein von Chromophoren [farbgebende Stoffe] wie Eisen (gelb-grün-blau), Chrom (grün), Mangan (violett-braun), Kupfer (blau oder rot), Kobalt (blau) aber auch Gold (rot-rosa), Selen (rosa), oder Cadmium (gelb-rot) färbt sich die Glasmasse, während Zugaben von zinn-, fluor- oder phosphorhaltigen Verbindungen das Glas trüben können und opake Milchgläser ergeben.

So einfach es sich hier jetzt anhört, ein Blau, ein Grün, ein Rot zu machen, so schwierig ist es exakt den einen Farbton (wieder) genau so zu treffen. Wehe, es frägt mich einer danach! Und auch in der Industrie ist es nicht selbstverständlich bzw. man muss dann ein bisschen Geduld mitbringen, wenn man ein ganz bestimmtes Blau für eine Reparatur als Antikglasscheibe braucht, trotz einem Glaslager von 3000 Farben und generationenübergreifender Erfahrung der Glasschmelzer der Hütte... (wobei Blau ja eigentlich noch am einfachsten ist, einfach einen Teelöffel Kobaltoxid auf einen Eimer Gemenge, oder so ähnlich...)

Nicht entfärbte Gläser, wie Fensterglasscheiben, besonders bei größerer Dicke oder wenn man quer zur Bruchkante schaut, sind meist von grünlich-bläulicher Farbe. Das hat seinen Grund in einer geringen Verunreinigung mit Eisenverbindungen des Quarzsandes, der ja oft mehr oder weniger gelblich ist, während farbloses Glas nur mit reinsten Rohstoffen zu gewinnen ist.

Giftigkeit und Beständigkeit

Während die Rohstoffe von Gläsern immer mit besonderer Vorsicht zu hantieren sind, z.b. wegen Schädigung der Lunge durch Quarzmehl, silikathaltigen Stäube oder gar Asbest, Giftigkeit der Schwermetallverbindungen wie Pb, Cu, Co, Cd oder die Gefahr als karzinogene (Cr, Co, Ni), Keimbahn schädigende (B, Mn) oder umweltschädlichen (Zn, Ba) Verbindungen, um nur einige der Gefahren zu nennen, gelten diese als Bestandteile geschmolzener Gläser als stabil gebunden.

Es ist schon wichtig sich klarzumachen, mit was man da hantiert und wo die Gefahren liegen! Schließlich macht man ja auch einen Erste-Hilfe-Kurs, wenn man den Führerschein macht, auch ohne vorzuhaben, dass man gleich gegen den nächsten Baum fährt.

Trotzdem werden Gläser von Säuren und Laugen aber auch von Wasser und anderen Flüssigkeiten angegriffen, wenn auch nur sehr langsam und in sehr geringem Ausmaß.
So löst sich in Wasser ein binäres Alkalisilikatglas vollständig als Wasserglas auf.
Es ist u.a. die Aufgabe der 2- und 3-wertigen Oxide im Glassatz die Glasmatrix soweit zu stabilisieren, dass der hydrolytische Angriff beschränkt bleibt.

So waren in der Antike oder im Mittelalter schon spezielle Glasmachersande begehrt, die ihren Anteil an CaCO3 enthalten, entweder als Mineral oder als Reste von Muschelschalen, erst in Venedig des 14. Jhd. wurde explizit Kalziumkarbonat respektive reines Marmormehl dem Glassatz zugefügt. Auch findet man an alten Gläsern, wie Kirchenfenster oder archäologischen Funden, oft schwere Korrosionsspuren, die aber von Glas zu Glas stark variieren können.

Physik der Gläser

Ja, Physik! Ich habe alle gewarnt. Und es kommt auch oft die Frage, warum man denn das alles so genau wissen müsse. Vielleicht liegt die Antwort einfach nur in den persönlichen Frustrationen, die es bei dem Arbeiten mit diesem spröden Material wohl immer geben wird: es bricht halt so leicht! Also ein bisschen Physik, Chemie und Mathematik kann manchmal schon helfen...

Manchmal werden Gläser nach ihren physikalischen Eigenschaften eingeteilt:
bei optischem Glas nach der Brechkraft oder ihrer spektralen Durchlässigkeit: z.B. das Kron- und das Flint-Glas oder diverse Filtergläser;
nach dem Wärmeausdehnungskoeffizienten: Hart- und Weichgläser,
oder nach Verlauf der Viskositätsskurve: kurze und lange Gläser,
wobei das hart/weich ebenso wie das lang/ kurz sich immer auf das Arbeiten mit höheren Temperaturen bezieht.
An „Sicherheitsgläser“ wiederum werden bestimmte Anforderungen gestellt an Stabilität und besonders zur Vermeidung von (größeren) Verletzung bei Bruch oder Unfall :
durch thermisches oder chemisches Vorspannen (’Härten’) entsteht das „Einscheibensicherheitsglas“ (ESG) oder das „Gorillaglass“
durch Verkleben mehrerer Glasschichten mit reissfester Kunststofffolie das „Verbundsicherheitsglas“ (VSG),
ähnlich auch das Drahtglas.

Glas als Zustand

Interessant ist auch die allgemeine Zustandsbeschreibung aus physikalischer Sicht von Glas als einem Werkstoff, der als unterkühlte Flüssigkeit eine extrem hohe Viskosität erreicht hat (von der dann immer nur noch die Zehnerstellen genannt werden, also eigentlich den Logarithmus zur Basis von 10). Glas verhält sich in beobachtbaren Zeitdimensionen bei Raumtemperatur wie ein spröder Festkörper aber weist in seinem atomaren Aufbau nach wie vor die Strukturen einer Flüssigkeit auf.
Besonders kennzeichnend ist dabei, dass sich beim Durchlaufen der unterschiedlichen Temperaturbereiche sich in einer Übergangszone allmähliche Änderungen der physikalischer Eigenschaften zeigen, ohne eine scharfe, definierte Grenze aufzuweißen.

Dabei weist die sogenannte Glas-Transformations-Temperatur T(G) auf die virtuelle Temperatur der Änderung der Eigenschaften und wird z.B. als Wendepunkt der Viskositätskurve bestimmt.

Die Viskositätskurve

Die Viskosität des flüssigen Glases ist zunächst das Verhältnis des Maßes einer Formveränderung in einer bestimmten Zeit durch eine bestimmte Kraft. Bei hohen Temperaturen und niedrigen Viskositäten wird oft die Zeit gemessen, die es braucht, dass ein Körper einer bestimmten Masse und Größe in der Schmelze versinkt, während für höhere Viskositäten die Geschwindigkeit einer Formveränderung bei einer bestimmten Kraft als Maß dient und für Temperaturen nahe dem Transformationspunkts die Durchbiegung oder Verdrehung eines dünnen Glasfadens herangezogen werden.
Ein Beispiel : ein Glasfaden braucht unter seinem eigenen Gewicht (1/32“ x 9“ Zollmaß) bei der so genannten Littleton-Temperatur (ca. 720°C bei Normalglas), mit log(η)=6,6 für eine Verlängerung von 1 mm 1 min,
dieser Faden bräuchte somit theoretisch bei Raumtemperatur und log(η)=20 Pa s für diesen einen mm also 10 ^13,4 min; bzw.. 10 ^7,7 Jahre, also rund 50 Mio. Jahre... aber das Glas fließt!   Und: Nein, 1000 Jahre reichen nicht, dass man irgendetwas sehen oder messen könnte, auch nicht bei früh-romanischen Glasbilder in Kirchenfenstern!

Für Silikatgläser liegt T(G) meist bei der gleichen Viskosität von log(η) ≈ 12 Pa s, aber bei jeweils unterschiedlichen Temperaturen: von unter 450°C für Bleikristallgläser, 500°C - 520°C für viele Kristallgläser, ca. 540°C - 550°C für Kalksodagläser und bis hin zu 1130°C für reines Quarzglas. Dazu kommt eine Verschiebung von T(G) nach oben bei schnellerem Abkühlen, was dann noch auf eine besondere, strukturelle Relaxation des Glases verweist.
Neben diesem Temperaturpunkt werden meist noch die Temperaturen für log(η)= 6,6; 3,0 und 1,0 angegeben (und manchmal aber mit der älteren, eigentlich obsoleten Einheit in Poise, respektive dPa s; also 13,3; 7,6; 4,0; 2,0) und werden besonders im anglo-amerikanischen Sprachraum sehr bildlich als „annealing-, softening-, working- und meltingpoint“ bezeichnet, aber dieses „Erweichen“ oder „Schmelzen“ meint etwas sehr spezifisches bei der Arbeit mit Glas und ist nicht vergleichbar mit der Begrifflichkeit z.B. der Metallgießer!

Hier darf der Hinweis nicht fehlen, dass nicht nur jedes Glas sich (ein bisschen) anders verhält, auch jeder Ofen! Mitsamt seinem Messkreis aus Thermoelement, seiner Position im Ofen, der Ausgleichsleitung bis zum Analog/Digitalwandler und der scheinbar gradgenauen Digitalanzeige. Es schadet also nicht, ab und zu die Werte zu kallibrieren, Abweichungen von ± 5 - 10°K sind als Messgenauigkeit (bei 500°C) zwar nicht schlecht, aber manchmal sollte man sich über die realen Temperaturen im Klaren sein. Ebenso interessant ist auch die Temperaturverteilung im Ofen und vor allem auch in der zeitlichen Dimension innerhalb einer Gussform. Es gibt ja inzwischen preiswerte Handmessgeräte, auch mit Protokollfunktionen als 'Datalogger', für mehrere Thermoelemente, die man über ein 'Spion' in den Ofen und in die Form einführen kann, so dass man (wenigstens für den nächsten Brand) sich sicher ist, dass die Temperatur des Glases und der Form auch der Kurve, die man vorgegeben hat, tatsächlich hinterher kommt.
Hier noch einmal der Verweis auf die "Viskositäten verschiedener Gläser" ('Formelsammlung', S. 18f)

Über die Spannung, Kühlung

Spannungen entstehen durch äußere, mechanische Belastung ebenso wie durch innere Ursachen, zb. momentanen Temperaturdifferenzen oder ein inhomogener Aufbau des Glases bei Verschmelzungen und führen bei Überschreitung der Belastungsgrenze direkt zu einzelnen Sprünge bis hin zum vollständigem Bruch. Mit zwei gekreuzten Polarisationsfilter kann man diese vorhandenen Spannungen in (transparenten) Gläser direkt sichtbar machen.
Thermische Spannungen, wie bei der Benutzung einer Spülmaschine oder dem Einschenken von warmem Tee, werden über die unterschiedlichen Dehnungszustand auf Grund der kleinräumigen Temperaturunterschiede aufgebaut, so dass man dem Glas einfach oft nur genügend Zeit lassen muss, damit sich die Wärme ausgleichen kann und Spannungsspitzen vermieden werden.

Neben den temporären Spannungen, die nach dem Beseitigen der Ursache wieder verschwinden, gibt es auch bleibende Spannungen, die im Material gespeichert sind, im besonderen die Kompatibilitätsspannungen und Kühlspannungen aus den Herstellungsprozessen.

Als kompatibel verschmelzbar werden zwei Gläser betrachtet, die weder in ihrem Wärmeausdehnungskoeffizient noch in der jeweiligen Transformationstemperatur zu stark abweichen (Δ α ≤ 3 x 10 ^-7/K), was auch z.b. Glas-Metall-Verschmelzungen schwierig macht.

Eine gesteuerte Kühlung ist immer besonders wichtig beim Arbeiten mit heißem Glas, da im Abkühlprozess innerhalb des Transformationsbereichs Spannungen residient werden können. Diese bleiben auch nach vollständigem Abkühlen erhalten und führen eventuell sofort oder auch irgendwann später zur Zerstörung.
Es ist hier das Zusammenspiel aus einer momentanen thermischen Spannung, dem visko-elastischen Verhalten und der zunehmenden Abnahme der Entspannungsfähigkeit des Glases mit fortschreitender Abkühlung.
Im ersten Moment ist die äußere Schicht stärker gekühlt als das Innere und versucht sich zusammenzuziehen, wird aber teilweise gedehnt auf Grund der momentan noch nicht allzugroßen Viskosität, bei abgeschlossener Kühlung ist auch der Kern geschrumpft und die äußere Schicht kann sich wegen der nun sehr hohen Viskosität nicht mehr soweit zurück stauchen und steht in Umkehrung des ursprünglichen Zustands jetzt unter einer Druckspannung.

Dieses Phänomen macht man sich zu nutzen, um Glasscheiben als ESG thermisch vorzuspannen, da sich der Biegespannung im Belastungsfall zunächst die innere Vorspannung entgegenstellt; das Glas hält ein Vielfaches aus als normal, es erscheint 'härter'. Ist aber die Bruchgrenze auch nur an einem Punkt überschritten, zerlegen diese inneren Spannungen die gesamte Scheibe schlagartig in kleine Stücke, die zudem auch stumpfe Kantenwinkel aufweisen um auch damit schweren Verletzungen vorzubeugen.
Das andere Beispiel sind die „Rupperts-Tränen“, heiß in kaltes Wasser getropfte Glasperlen mit einem dünnem, gekräuseltem Faden am Ende; die Tränen sind sehr stabil, man kann mit einem Hammer darauf schlagen, aber bricht man den dünnen Faden, der selbst auch erstaunlich fest ist, dann explodiert der ganze Tropfen in kleinste Splitter!

Die Kühlkurve

Ist die Temperatur im (Kühl)Ofen zu niedrig müsste man sehr lange tempern um zu entspannen und die Gefahr eines spontanen Bruchs wegen vorhergehenden Spannungen von der Arbeit her ist sehr groß; ist die Temperatur zu hoch, ist die eigentliche Entspannungszeit zwar sehr viel kürzer, aber das Glas ist noch weich und kann sich verformen und man muss trotzdem dem Stück genügend Zeit geben, bis sich die Temperatur über alle Teile vollständig ausgeglichen hat, bevor man weiter abkühlen kann.
Bei dem weiteren Verlauf der Kühlkurve müssen dann auch die Temperaturdifferenzen im Stück berücksichtigt werden, die durch die Geschwindigkeit der Temperaturänderung des Ofens in der Glaswand neu aufgebaut werden und somit neue Kühlspannungen hervorufen; mit weiter fallender Temperatur und zunehmender Viskosität nimmt die Empfindlichkeit ab bis dann die allgemeine Temperaturwechselbeständigkeit erreicht ist.
Also gibt es zuerst eine Haltephase am oberen Kühlpunkt, nahe T(G) für Temperaturausgleich und der Relaxation der vorhergehende Spannungen, darauf folgt erst eine vorsichtige Kühlrampe zum unteren Kühlpunkt, die dann mit einer steileren bis annähernd zur Raumtemperatur abschließt.
Wenn sich die Größen, aber vor allem die Dicken ändern, lässt sich z.b für eine Scheibe direkt sagen, dass mit der Dicke sowohl die zu transportierende Wärmemenge ebenso wie der widerstandsbehaftete Weg an die Oberfläche proportional zunimmt, um also das gleiche Temperaturgefälle zwischen Kern und Oberfläche zu erreichen, muss man die Zeiten mit dem Quadrat der relativen Dicke vervielfachen!

So können z.b. einfache, dünnwandige Gläser in wenigen Stunden gekühlt werden, aber eine große, massive Glasvase sollte wenigstens ein paar Tage im Kühlofen haben, während wiederum kleine, gleichmäßig dünne Objekte einfach in etwas wärmeisolierendem Material eingepackt, vor Zugluft geschützt, oft gute Chancen haben zu ’überleben’. (diverse Kühl- u. Brennkurven siehe 'Formelsammlung', S.16f; S20)

Das Arbeiten mit Glas - Glasblasen, Gießen, Biegen und Brennen...

Hüttentechniken - heißes Glas

Naja, hier kommt jetzt quasi eine begleitende Beschreibung während einer (gedachten) Vorführung "wie man ein Glas macht"   …   also man muss sich jetzt einfach das Video dazu vorstellen   –   nein, natürlich muss man das live mal sehen! Nicht zuletzt hat jeder Glasmacher, jede Hütte oder Region ihre spezifischen Traditionen und Eigenheiten und auch ein eigenes 'Vokabular'. Und die ultimative Art um zu verstehen, ist es, es selbst zu tun. Aber das gilt wohl allgemein.

Hat man, wie in einer Glashütte , das heiße Glas aus einem Schmelzofen zur Verfügung, ist der erste Schritt für den „Glasmacher“ den Glasposten da herauszuholen, in der Regel mit einer Pfeife oder einem Anfangeisen , heute meist ca. 1,5 m lange Stahlrohre, die an der heißen Seite ein Kopf aus hitzefestem und zunderfreiem hochlegiertem Chrom-Nickel-Stahl und am anderen Ende oft ein Holzgriff und als Pfeife ein Mundstück zum Einblasen haben.

Die Spitze muss einigermaßen warm sein, damit das flüssige Glas beim „Überfangen“ oder „Überstechen“ überhaupt haften kann. Durch die relativ niedrige Viskosität kann man nur eine gewisse Schichtstärke aufnehmen und das überschüssige Glas würde man wieder verlieren, da es (noch) zu schnell fließt um es zu kontrollieren. Für ein größeres Stück wird deswegen dieser Schritt entsprechend oft wiederholt, weshalb man auch vom „Überfangglas“ spricht, dessen Trägerglas noch einmal von einer dünnen, oft farbigen Glasschicht „überfangen“ ist.

Durch das ständige Bewegen und Drehen soll das Glas auf der Pfeife zentriert werden, Abweichungen von der Horizontale dabei treiben das Glas nach hinten oder nach vorne, schnelleres Drehen schleudert das Glas durch die Zentrifugalkraft nach Außen, ein Stehenbleiben lässt das Glas lotrecht nach unten biegen und tropfen, was aber alles im weiteren Verlauf eine der wichtigsten Mitteln zur Gestaltgebung, insbesondere der Proportionen des Stücks, darstellen.

Außerhalb des Ofens beginnt der natürliche Wärmeverlust des Glaspostens, wobei kleinere Posten oder dünnere Teile schneller - dickere langsamer kühlen und damit ihre Viskosität entsprechend ändern. Damit sind auch die Temperatur und ihre Verteilung, bestimmt durch den Arbeitsrhythmus in diesem natürlichem Abkühlprozess, ein ebenso wichtiges Mittel der Gestaltung.

Meist wird die Form und Temperatur auch von außen manipuliert. Oft ist der erste Schritt vom Ofen kommend, das Rollen auf der „Marbelplatte“ um das Glas rund zu machen und ihm die nötige Temperatur in der richtigen Verteilung zu geben um es z.b. als „Kölbel“ aufzublasen. Eine ähnliche Funktion hat auch das „Wulgern“ mit dem Holzlöffel oder dem Packen nassem Zeitungspapier in der Hand, stehend am „Joch“ oder sitzend auf der „Bank“.

Das Verhalten der inneren Luftblase in der Glasmasse hängt von der Kraft der eingeblasenen Luft gegen den Widerstand der visko-elastischen Flüssigkeit und der Zeit für das Glas um zu fließen ab. Wobei gerade am Anfang der Querschnitt mit der lichten Weite der Öffnung des Pfeifenkopfs nur klein ist und das Glas bei der entsprechend geringeren Kraft erst nur langsam, aber dann um so leichter reagiert, je größer die wirksame innere Fläche ist, dem aber andrerseits ein nun etwas weiter abgekühltem und damit zäherem Glas dagegen steht.
Die Luft macht (bei isotropem Widerstand und homogener Temperaturverteilung) innen annähernd eine symmetrische Kugel, so dass äußere Abweichungen von einer Kugel- oder besser Ei-Form des Glaspostens vor dem Aufblasen die Verhältnisse der Wandstärken bestimmt, ebenso wie unterschiedliche Temperaturzonen im Stück, z.b. nach einem Durchwärmen, bei dem sich in Umkehrung zum Abkühlen dünnere Stellen stärker erwärmen, die Luft dahin treibt, wo sie den geringeren Widerstand hat. Also spielt hier die Luft, die Temperaturverteilung und die Massenverteilung gerade für die Entwicklung des Verhältnisses der Wandstärken eine entscheidende Rolle.

Um am Ende das Stück sauber von der Pfeife trennen zu können, wird meist relativ früh ein Hals eingeschnitten, der als Kerbe eine Sollbruchstelle bildet, die Werkzeuge sind im einfachsten Fall eine Kante, über die das Glas gerollt wird. Wenn man an der Bank arbeitet, oft mit der „Auftreibschere“ , einer großen Pinzette ähnlich, aber mit mehr oder weniger scharfen Blätter und einem breiten Federrücken.

Bei dem „freien Blasen“ beschränkt man sich auf diese indirekte Formung mit dem Zusammenspiel von Schwerkraft mit der sich verändernden Viskosität des Glases. Also der Abfolge der Bewegungen, die man mit der Pfeife (und dem Glas) macht und, bei Hohlkörper, der eingeblasenen Luft. Ansonsten werden nur einzelne einfachen Werkzeuge benutzt, wie Brettchen um Flächen zu drücken, Scheren um Einzuschnüren, Nadeleisen oder Zwackeisen um einzudrücken oder (heraus) zuziehen, Schneidescheren (mit Gelenk) um Schnitte zu machen oder das separate Auflegen von frischen, heißen Glasposten als Dekor oder z.b. als Nuppen, Faden oder als Henkel.

„In Form geblasen“ setzt eine meist mehrteilige Negativform voraus, oft hohl gedrechselt aus Birne oder Buche, die bis auf den Moment des Einblasens immer im Wasser bleibt. Unter Drehen (dafür die kräftigen Holzschäfte der Pfeifen!) wird der grob vorgeformte „Kölbel“ in die Form eingeblasen bis sich oben die „Kappe“ ausbildet, die später geschnitten oder abgesprengt wird.
Der Vorteil dieser Arbeitsweise, die schon die Römer genutzt haben, liegt einmal in der Reproduzierbarkeit und der Genauigkeit der (äußeren) Maße, bis hin zu Abbildung von Reliefen und einer wesentlich dünneren erreichbaren Wandstärke, aber vor allem in der Arbeitsteilung und Effizienzsteigerung bei größerer Arbeitsgeschwindigkeit.

Das „Anheften“ und „Auftreiben“ bezeichnnen weitere Arbeitsgänge um aus dem immer noch geschlossenen, flaschenförmigen Stück ein offenes Gefäß zu formen. Ist das Stück zur Hälfte (wörtlich!) soweit fertig, wird es mit einem „Hefteisen“, meist mit einem kleinen, frischem „Nabel“, angheftet, wobei die Klebestelle das Glas sicher tragen muss, aber am Ende auch leicht lösbar sein soll, damit der „Abriss“ keine zu tiefen Marken aus dem Boden herausreisst. Erst dann wird der das Glas am Hals mit einem kalten Stück Eisen gestrichen, eventuell mit einem Tropfen Wasser abgeschreckt oder mit einer scharfen Feilenkannte angeritzt und mit einem kurzen Schlag auf die Pfeife abgeschlagen und vom Pfeifennabel gebrochen.

Jetzt kann das Stück mit seiner Öffnung zuvorderst wieder in der „Trommel“ verwärmt werden. Wird das Glas an der Lippe weich, zieht es sich unter der Oberflächenspannung zusammen und die scharfen Bruchkanten werden rund. Die nun weiche Lippe und Schulter können dann, meist an der Bank, mit der „Auftreibschere“ von innen aufgetrieben werden, aber auch die Zentrifugalkraft kann eine Rolle dabei spielen, besonders wenn das Stück zu einer offenen Schale oder gar einer „Mondscheibe“ aufgeschleudert wird.

Als letzter Arbeitsschritt wird das fertige Stück wie oben beschrieben von Pfeife/Eisen getrennt und in den Kühlofen eingetragen. Sofern dieser kein kontinuierliches Band hat, wird die Tagesproduktion darin gesammelt und, nach Art, Größe und vor allem der Dicke entsprechend, in einem genau gesteuertem Kühlprozess vorsichtig abgekühlt, meist nur wenige Stunden, manchmal aber auch mehrere Tage.

Hier könnte man ein Ausflug in exotische, spekulativ antike, oder experimentelle Verfahren machen. Begonnen mit den ägyptischen Sandkerngefäßen, die von manchen quasi wie ein umgestülptes Pâte-de-Verre beschrieben werden, also dem Einbrennenn eines nassen Glasmehl-Teigs auf einem weichen, feuerbeständigen Kern mit anschließender Dekoration mit farbigen Fäden im offenen Feuer. Oder das 'Glas-Töpfern', das für manche antike Glasobjekte, wie die römischen Mille-Fiori Gefäße oder Rippen-Schalen vorgeschlagen wird. Oder: wie wurden die nahtlosen Armreifen der Kelten der La-Tène-Zeit hergestellt? Manches findet man bei den venezianischen Techniken, bei denen als Beispiel kunstvoll Fäden zusammengeschmolzen werden, bevor sie zu den typischen Netz-Gläser geblasen werden, aber auch die Perlendreherinnen haben wohl noch viel von den 'alten' Ägyptern gelernt, was all die polychromen Dekorationstechniken angeht.

Glasguss, Verschmelzen, Biegen

Wieder eine sehr abstakte Beschreibung von etwas, das man selber probieren sollte, zumal gerade diese Technik, besser Gruppe von Arbeitsweisen, für die es auf Deutsch noch nicht einmal richtige Namen gibt, dankbare Möglichkeiten für Versuche gerade auch für Laien bietet! Rezepte und Brennkurven gibt es, logisch, in der 'Formelsammlung', ab S. 21ff.

Neben dem direkten Gießen von heißem Glas in der Hütte, oft verbunden mit Pressen oder Walzen (Pressglas, Drahtglas, Ornamentglas), gibt es auch die Methode einer Scherbenschmelze in einer zwar hitzebeständigen aber weichen Negativform.
Es handelt sich hier, wie beim Metallguss, um ein direkten, dreidimensionalen Positiv-Negativ-Positiv Abformprozess mit dem Unterschied, dass die Objekte in der Regel massiv sind. Es stellt sogar mit die Ursprünge der Glasverarbeitung, besonders im alten Ägypten dar, deren Techniken dann in der zweiten Hälfte des 19. Jhd. in Frankreich als „Pâte de Verre“ wieder belebt wurden. Das bildhauerische Prinzip einer „verlorenen Form“ ermöglicht es dem Künstler direkt mit einem weichen Material das „Model“ zu formen, das zusammen mit einem Reservoir für die Scherben in in einer feuerbeständigen Masse eingebettet wird, heute meist Gips gebundene Schamottemassen , und wieder entfernt wird (Name!), bei Wachs mit heißem Wasserdampf oder mechanisch bei Ton oder Styropor, ein offenes Relief vorausgesetzt. Die Hohlräume werden mit der passenden Menge an Glasstücke gefüllt, wobei kleinere Körnungen nicht nur mehr sondern auch kleinere Luftblasen im Stück hinterlassen, die bei den mäßig hohen Temperaturen von 800-900°C nicht aufsteigen können und die Masse mehr oder weniger trüben.
Der Brand enthält eine Trocknungs- und Schmauchphase, die Arbeitsphase und eine sehr vorsichtigen Kühlphase, so dass die Gesamtdauer oft Tage und Wochen benötigt.
Typisch sind neben den eingeschlossenen Luftblasen auch eine rauhe Oberfläche, die aber mit Schliff und Politur im kalten Zustand zu bearbeiten ist.

und wenn ich eingangs auch an Schulversuche und Kindergeburtstage gedacht habe, muss man betonen, dass die charmante Einfachheit natürlich nur so lange zutrifft, solange man sich in der Größe beschränkt, bis max. der einer Kinderfaust, und auf eine kompakten Form, ohne Ärmchen und Öhrchen, sowie auf einen breiten Sockel als Reservoir für die Scherben, die vor dem Brand ungefähr doppelt soviel Platz brauchen, achtet. Aber dann reicht eben, neben einem Ort, wo man mit Ton und Gips herumwurstelt, ein einfacher Keramikofen, den man gerne auch 'auf Sicht fahren' kann. Also die leeren Formen mit Glasscherben füllen, in den Ofen stellen und einschalten. Wenn alles schön glüht, warten, bis die Oberfläche der 'Glaspfütze' eben geschmolzen ist, denn dann kann man den Ofen abschalten und auskühlen lassen und am nächsten Tag ausräumen und die Stücke aus den Formen herausbrechen!
Ach ja, und darauf achten, dass Scherben für eine einzelne Form immer nur von einer Schmelze, Scheibe, Flasche kommen, nicht mischen!   und genügend Pflaster bereithalten, das hilft, dass man (hoffentlich) keine braucht …

"Fusing":   In einem ähnlichen Prozess werden auch Glasstücke flach verschmolzen, Kompatibilität vorausgesetzt gerne auch Farbgläser, für die es eine ganze Reihe von spezialisierten, hauptsächlich amerikanischen Glasproduzenten auf dem Markt gibt. Die Scheiben werden zugeschnitten, dekorativ angeordnet und gestapelt um sie zu einem einzigen 'Kuchen' eben auf einer Schamotteplatte (natürlich immer mit Trennmittel!) zusammenzuschmelzen.
„Slumping“:   Manchmal werden diese Scheiben dann auch in einem zweitem Brand bei 600-700°C über einer Hohlform zu einer flachen Schale abgesenkt. Um sie noch tiefer zu ziehen, kann man sie wiederholt über immer etwas kleiner werdende Ringe weiter absenken, zu hohe Temperaturen würden hier die Wände immer dünner werden und das Glas in die Mitte zu einer 'Pfütze' laufen lassen. Nimmt man aber stattdessen erhabene Formen, über die eine Scheibe gebogen wird, erhält man eher Falten, bis hin zum „Fazoletto“ (das Taschentuch).

Hier wäre jetzt der richtige Platz um über eine mögliche Terminologie zu sprechen: die Franzosen bezeichnen diese Gruppe von Arbeitsweisen als 'thermo-formage', also einer Formgebung durch Wärme, bei der die Temperaturen und die Form der Brennkurven für das Ergebnis mitentscheident sind. Je höher die Temperatur und je länger das Glas dort bleibt, desto mehr verhält es sich wie eine - immer noch sehr zähe Flüssigkeit, das Glas fließt und bildet eine Pfütze, man kann hier also durchaus von einem 'Guss' sprechen. Ist die Temperatur auch nur wenig niedriger, ist es sehr viel langsamer und die Zeit reicht nicht mehr dafür, die Glasstücke sind noch zu erkennen, aber die Kanten werden schon rund (Oberflächenspannung!) und die Stücke fangen an miteinander zu verschmelzen bzw. eben zu 'sintern'. Noch niedrigere Temperaturen lassen die äußere Formen fast unberührt, aber längliche oder flächige Objekte, die über einem Hohlraum liegen, senken sich ab und passen sich an, sie 'biegen' sich.
Und oft werden diese verschiedene Erscheinungen kombiniert, sei es in einem Brand, wie bei dem 'Pâte-de-Verre' mit der typischen Hockey-Schläger Kurve, die erst eine längere Sinter-Phase und dann ein kurzer Schmelzimpuls enthält, der aber nicht mehr in die tieferen Schichten vordringt. Oder es werden in getrennten Bränden, von heiß nach kalt, erst der Körper 'gegossen' um ihn danach zu 'verbiegen' (bzw. eleganter auf Englisch: "Fusing and Slumping").

Glasmalerei

Zwar wurden Gläser immer schon auch „kalt“ bemalt, aber die Haltbarkeit auf der glatten Oberfläche ist sehr begrenzt und verlangt einen besonderen Schutz, wie z.b. bei Hinterglasbilder.
In der Regel werden die echten Glasmalfarben, die als Pulver in den Handel kommen und erst mit einem Malmittel angerieben werden müssen, nach dem Malen bei 580-620°C eingebrannt, so dass der enthaltene Glasfluss die Glasfarben dauerhaft mit dem Trägerglas verschmilzt.
Lüsterfarben, Gold oder Platin werden als Metallresinate (in Harze gelöste Salze der Edelmetalle) aufgetragen und analog wie die Schmelzfarben oder das Schwarzlot eingebrannt und entwickeln erst nach dem Brand ihre Wirkung;
eine besondere Farbe ist das Silbergelb, eine Mischung aus Tonmehl und Silbersalzen, nach dem Brennen wird hier die Beize abgewaschen, das Silber ist in die oberste Schicht diffundiert und färbt das Glas intensiv gelb bis rot-braun, eine Erfindung der französischen Gotik aus dem 14. Jhd. .

Lampenglas

Die „Lampe“ des „Glasbläsers“, der im deutschen Berufsrecht streng vom „Glasmacher“ einer Hütte unterschieden wird, ist in der Regel ein Mehr-Gasbrenner (meist Propan, Sauerstoff und Druckluft) mit einer großen Varianz der Flammeinstellungen, der vor ihm auf dem Arbeitstisch steht. Da er auch sonst bis auf wenige Handwerkzeuge meist keine größere Einrichtungen braucht, war die „Lampenarbeit“ schon immer oft auch Heimarbeit. Verarbeitet werden Halbzeuge aus den Hütten wie Röhren und Stäbe, die punktuell oder zonenweise direkt in der Flamme erwärmt werden, während der Glasbläser sie in einem nur kurzen Abstand hantiert, um sie biegen, ziehen, stauchen und blasen oder ansetzen zu können. Typische Beispiele sind die Weihnachtskugeln, Glasschmuck und Perlen, aber auch Glasapparate für chemische Labore, Neonglasschriften oder Glasaugen (als Prothese), je mit eigener Meisterpflicht!

Die Kaltarbeit

Kleben

Normalerweise beschränken sich die Möglichkeiten kaltes Glas zu bearbeiten im Wegnehmen, aber schon seit der Antike wurde Glas auch geklebt, meist um es mit anderen Objekten zu verbinden. Die heutigen Klebstoffe, wie Silikone oder Cyanacrylate, sind auf sehr hohem Niveau und für ihre spezifische Anwendungen von hoher Sicherheit, auch wenn eine Langzeiterfahrung über Jahrhunderte natürlich einfach fehlt.

Aber ein gebrochenes Glas wieder ’ganz’ zu machen, funktioniert leider immer noch nicht! Es ist nachwievor einfach etwas 'wegzunehmen' und wieder neu zu polieren, aber es fehlt halt ein bisschen etwas. Eine geklebte Stelle wird immer mehr oder weniger deutlich ins Auge fallen und die Benutzbarkeit wird eingeschränkt bleiben.

Das Schneiden

Eigentlich ein kontrolliertes Brechen entlang einer linearen, durchgehenden, oberflächlichen Verletzung der Oberfläche, z.b. durch den Schnitt eines modernen Glasschneiders mit Hartmetallrädchen oder durch das Anritzen eines Glasrohrs mit der scharfen Kante einer Feile. Es ist kennzeichnend, dass man versucht den Schnitt mit einer äußeren (Zug-) Spannung zu öffnen, wie dem punktuellen Klopfen (von der Gegenseite) und dem kontrolliertem Biegen der Scheibe, so dass der Sprung dem Schnitt entlang 'läuft'. Oder auch durch eine starke lokale Temperaturdifferenz, wie im MA mit einem heißen Eisen oder eben mit dem berühmten Spiritus getränkten und entzündeten Faden um eine Flasche (mit anschließender Schockkühlung in kaltem Wasser).
Und mit Übung klappt das auch alles ganz gut, aber ein Risiko bleibt immer, schon wegen den gemeinen 'Glasflöhen', die es mögen, dass man eine hässliche Spur mit Blutstropfen auf dem Weg zum nächsten Pflaster hinterlässt... also den Arbeitsplatz immer sauber halten!

Für tiefere Schnitte in dickerem Glas sind dann eher Diamantwerkzeuge mit Wasserspülung geeignet, wobei hier mechanische oder thermische Spannungen zu vermeiden sind: genügend Wasser und geringer Druck bei hoher Korngeschwindigkeit sowie exakte Führung sind wichtig! Und natürlich ein ruhiges, geschlossenes Sägeblatt, das nicht am Glas reißt, denn eigentlich ist das Sägen nur ein Schleifen eines sehr schmalen Schnitts.

Das Schleifen und Polieren

Um effektiv Material abzutragen, braucht es ein ausreichend hartes Schleifkorn. Im einfachsten Fall als loser Schleifsand aus Schmirgel, Korund oder Siliziumkarbid.

Aufgetragen mit etwas Wasser oder Petroleum auf einer ebenen, harten Unterlage (es geht auch eine dickere, alte Glasplatte) um das Stück mit leichtem Druck darüber zu bewegen , langsam aber exakt! (Besser geht es wenn man Zugang zu entsprechenden Maschinen hat) Umgekehrt kann man händisch auch mit Nasschleifpapier oder sogar Diamant besetzten Schleifpads arbeiten - weniger exakt, eher für gewölbte Flächen... und man macht leicht Kratzer an Stellen, wo man sie gar nicht haben wollte...

Und wie angedeutet gibt es auch die verschiedensten Schleifmaschinen für Glas, aber immer mit Wasser: punktuelle Reibungswärme wird von Glas nur beschränkt toleriert! Genannt seien hier: der Scheibenkasten mit Eisenscheibe oder Natursandstein, das Kugler- und Graveurzeug mit horizontaler Welle und oft bleibegossenen, keramisch gebundenen Schleifscheiben.
Der Grobschliff benutzt oft Schleifmittel mit einem 80-120er Korn SiC (meist schwärzlich und leicht glitzernd), der Feinschliff dann mit 180-240er Korund (oft rotbraun, dem natürlichen Schmirgel von Naxos, Griechenland, nachempfunden, aber auch als weißes Aluminiumoxid), wobei die Kornzahlen nach FEPA etwas über die Zahl der Fäden je Zoll der Siebe beim Klassieren aussagt, während bei Diamantwerkzeuge die Größe des Korns in Mikrometer angegeben wird.
Das "Vorreissen" (Grobschliff) verändert die makroskopische Form selber und bleibt im trockenen Zustand weiß, während das "Feinmachen" nur noch die Oberflächenqualität als Vorstufe zum Polieren soweit verbessert, dass mit der Politur keine Riefen und Körnungen herauskommen (was sie gerne tun...) und gibt ein feines Matt .

Poliert wird seit Alters her mit Bimsmehl und Kieselgur, auf Pappel-, Kork- oder Filzräder als wässriger Brei aufgetragen, daneben gibt es Polierrot (Eisenoxid), Poliergrün (Chromoxid) bis hin zu modernen Poliermittel mit der Basis von Ceroxid.

Am Schluss wird meist ein kleiner Geradschleifer und Gravierschleifstifte für die Signatur benutzt.




ein Ausblick auf die industrielle und künstlerischen Nutzung von Glas

In der Architektur der letzten 170 Jahre, um mit der Weltausstellung 1851 in London zu beginnen, hat sich dieser Baustoff auch gerade für Fassaden immer weiter etabliert. Technische Inovationen wie das Float-Glasverfahren (ab den 60er Jahren des letzten Jhd.) brachten (und bringen) einerseits große Effizienzgewinne, verbunden mit einer enormen Produktionsteigerung, aber auch bedeutende Qualitätsverbesserungen mit sich. So waren bis in die Neuzeit nur handwerklich gefertigte Holzsprossenfenster oder großflächigen, höchstens mit Bleiruten verglaste (Kirchen-) Fenster denkbar, die zwar bis Heute immer noch so hergestellt werden, aber doch relativ aufwändig und teuer sind (und auch damals wohl waren), während es jetzt kein Problem ist große Gebäude mit "Structural-Glazing-Fassaden" zu überziehen. Auch tragende Konstruktionen und begehbare Glasflächen sind kein Thema, ist doch Glas in seinen Werkstoffkenndaten, z.B. was Dichte und Druckfestigkeit betrifft, durchaus auch Natursteinen vergleichbar.
Auch von der Behälterglasindusrie lässt sich das Selbe über Produktionsweisen und Kapazitäten sagen. So weist das Statistische Bundesamt für den Jan. 2021 eine Monatsproduktion von Flach- und Verbundglas von ca. 140 Mio € und für Flaschen 100 Mio € aus.
Auch neue Anwendungen, von dem "Gorilla-Glass" für Touchscreens angefangen bis zu den Solarzellen, um nur Beispiele zu nennen, erweitern die Ubiquität von diesem Werkstoff im alltäglichen Leben, dessen Bezahlbarkeit aber direkt mit der Massenproduktion gekoppelt bleibt.

Ein anderer Aspekt ist der Handel, wobei ja gerade Glas und Bernstein die Nachweise liefern für einen der frühesten trans- wenn nicht gar interkontinentalen Handel: seit der ausgehenden Steinzeit Bernstein vom Ostseeraum bis nach Ägypten oder die Glasarmringe und Glasperlen der Latènezeit in Mittel- und Nordeuropa (wobei nicht sicher ist, ob die fertigen Objekte oder u.U. nur der Rohstoff oder Halbzeuge gehandelt wurden).
Währenddessen die heutige Globalisierung in den letzten 50 Jahren deutliche Spuren gerade auch in der Glasindustrie hinterlassen hat, so dass man gar von einem 'Sterben' der Glashütten reden kann und die Techniken des Glasmachens auch schon den (quasimusealen) Status eines UNESCO-Weltkulturerbes erreicht haben!
Waren noch in der ersten Hälfte des 20. Jhd. eine Austattung an Tafelgeschirr und Glas eine stolze, häusliche Investition, werden heute Teller und Gläser als preiswerte Massenware gekauft und die geschliffenen Römer (kurze Weingläser mit kugelförmiger Kuppa, oft mit farbigem Überfang und typischem Schliff) auf den Flohmärkten als Restposten verscherbelt. Wie weit dabei Zeitgeist und Moden oder aber Preise, Produktionsweisen und Handelswege die treibende Kräfte sind, kann man sich streiten.
Es ist kein Zufall, dass ich in meiner Werkstatt noch Pfeifen und Scheren von der ehemaligen Glashütte der WMF und Schleifmaschinen aus der Wiesentalhütte, Schwäbisch Gmünd benutze, die Ende der 70er bis 80er Jahre geschlossen wurden, weil die Entwürfe der Designer zur Produktion international ausgeschrieben, die eigene Produktion eingestellt und 'outgesourced' wurden, auch um Kosten, z.B. nur für die neuen Filteranlagen auf Grund von Umweltauflagen, einzusparen.
Ebenso kann das Auftauchen der "Studio-Glass" Bewegung seit den 60er Jahren, zuerst in Amerika aber auch in Europa, mitsamt seinen Randerscheinungen wie Tiffany- oder Fusing-Glass, gerade auch im Hobby- und Kunsthandwerkssektor, als eine Gegenbewegung auf die Verarmung in Industrie und Design gesehen werden.

Und es mag dem mit der Hand gefertigten oder dem mundgeblasenen Glas so gehen, wie dem Holzschnitt und der Radierung, dass durch diese Obsoleszenz auch eine Befreiung von dem Zwang der Verwertbarkeit und erst damit eine Neubelebung als Nische einer künstlerischen Produktion möglich wird.
Genau der wieder zu entdeckende Zugang zu diesem eigenwilligen Material, das nur vordergründig soviel Technik und Wissen verlangt, birgt mit allen naiven "Fehler", losgelöst von den Zwängen der Traditionen und einer "perfekten" Produktion, einen neuen Formenschatz. Man mag hier sich auch an Willi Baumeisters Wort vom "schöpferischen Winkel" erinnern, mit dem er gerade mit der Abweichung der Ausführung von der reinen Idee als einer Quelle von dem "Neuen in der Kunst" anspielt.
Es gehört zwar auch zu der Charakteristik im Umgang mit diesem neuen / alten Material, dass oft erst das mehrfache, immer neue Wiederholen der Arbeitsschritte, einem hartnäckigem Kreisen und Ausprobieren um die richtige Abfolge zu dem führt, was als Werk am Ende dasteht, da es das Glas meist nicht erlaubt, einfach nur an dem einen angefangenen Exemplar immer weiter zu machen. Und es gilt auch hier über die Alleatorik hinaus den "Zufall" soweit zu kultivieren, dass das Faszinosum der Phänomene (und zugegebener Maßen: der Artistik) mit dem Gestaltungswillen und künstlerischen Aussage in ein Gleichgewicht kommen.

März 2021
Ragan Arnold

 
 
 

Fußnoten

Glas ethymologisch abgeleitet von altnordisch glæsa 'mit etwas glänzendem schmücken' mit gramm. Wechsel auf germanisch *glazá-, beruhend auf mittelniederddeutsch. glar 'harz' und angelsächsisch glær 'bernstein, harz' (Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm)
Floatglas das Heute übliche Verfahren um Fensterglas herzustellen, dabei wird aus der Schmelze eine Bahn von Glas gezogen, die umgelenkt über eine gekühlte Walze auf ein Bad aus flüssigem Zinn schwimmend weiter gezogen wird.
Gussglas ältestes industrielles Verfahren für große Glastafeln, v.a. in Frankreich des 17. Jhd.
Mondglas mittelalterliches Verfahren für kleine, polygonale Glasscheiben, die aus dem glatten und gleichmäßigen 'Spiegel' sehr großer, eben aufgeschleuderte, tellerförmigen Scheiben herausgeschnitten wurden, in der Mitte blieb der 'Butzen' mit dem optisch unruhigen Bodenglas mitsamt dem 'Abriss'
Butzenscheiben ursprünglich der billigere Rest einer Mondscheibe, aber auch bald schon separat hergestellte, kleine, eben aufgeschleuderte Rundscheiben
Antikglasscheiben mittelalterliches Verfahren für größere, viereckigen Scheiben, meist mit unruhiger, stukturierten Oberfläche. Sie werden aus großen, flaschenförmigen Kölbeln gemacht, deren Boden aufgeschnitten und aufgetrieben, dann auch am Hals zu zylinderartigen, offenen Röhren geformt, nach einem ersten Abkühlen der Länge nach aufgeschnitten und in einem zweiten Ofen, dem 'Streckofen', noch einmal erwärmt, dass sie gerade so weich werden, damit sie aufgebogen und eben gebügelt werden können (zu sehen u.a. in der Glashütte Lamberts, Waldsassen)
Glasprismen und Blöcke,
optisches Glas
optisches Glas hat besondere Anforderung an Reinheit und Homogenität. Es wird, wie auch schon in der Antike Glas als Rohmaterial und Handelsware üblicherweise gewonnen wurde, in einem Hafen oder Wanne nach der 'Lauterschmelze' und Homogenisierung, wegen der Gefahr der Devitrivizierung, zunächst rasch dann langsam als Block abgekühlt, um es dann kalt auszubrechen und mechanisch zu teilen oder zu länglichen Formen vergossen, um es dann in der Optischen Industrie z.B. zu Linsen für Brillen oder Objektive weiter zu verarbeiten
Farbglaszapfen kurze Farbglasstangen zur Weiterverarbeitung am Ofen, meist ca. 3 cm x 30 cm
Glasstäbe und -Röhren früher einzeln aus einem Glasposten oder einem Kölbel, heute meist direkt aus der Schmelze mit einer entsprechenden Düse gezogen
Glasfritte kleinere Glasstücke, die entstehen, wenn heißes Glas in Wasser gegossen wird und zerbricht
Glaskrösel Glassplitter in Größen von grobem Sand, frisch gebrochen sehr scharf!
organische Gläser Kunststoffe auf Basis von Kohlenwasserstoffverbindungen mit optischen Eigenschaften, Bsp. „Plexiglas“, aber auch die meisten Brillengläser heute (vgl. auch die Ethymologie von Glas )
Kalk-Soda-Glas,
das 'Normalglas'
die überwiegende Glasart aus Siliziumdioxid (Quarz), Natrium- (meist aus Soda) und Kalzium/Magnesiumoxid (aus Kalk und Dolomit) und geringen Teilen Aluminiumoxid (Tonerde) erschmolzen
Kristallglas,
Bleikristallglas
in einem eigenen Gesetz geregelte Warenkennzeichnung für Glassorten, die Blei-, Barium-, Kalium- oder Zinkoxyd allein oder zusammen in Höhe von mindestens 10 vom Hundert enthalten (incl. genauen Anweisungen, wie die Werte im Labor zu bestimmen sind);
Bleikristallglas soll z.B. mindestens 24 Gew.% Bleioxid enthalten und eine Dichte von min. 2,9 g/cm³ haben
Boro-Silikat Gläser Gläser, die ca. 7-13% Bor- und 2-7% Aluminiumoxid enthalten, nur grob 2/5 der Wärmeausdehnung und die höchste hydrolytische Klasse haben
Glaskeramik aus Glas gewonnener Werkstoff, der neben der Glasphase auch gezielt Kristalle keramischer Art enthält. Kennzeichnend ist einerseits die Formung durch die glasüblichen Techniken, andererseits der anschließende thermische Umwandlungsprozess mit der Kristallbildung und dem gezielten Wachstum der keramischen Kristalle, die für eine sehr geringe Wärmedehnung und hohe Temperaturwechselbeständikeit sorgen
Devitrifikation Kristallbildung als Umkehrung der Kristallauflösung beim Schmelzen des Glases aus den (kristallinen) Rohstoffen, im Besonderen der Prozess der Kristallkeimbildung und des Kristallwachstums bei Temperaturen unter dem Liquidustemperatur, i.d.R. unerwünscht (vgl.: Schmelze)
Quarzglas aus reinem Silziumdioxid, ohne Zusätze, geschmolzenes Glas, braucht sehr hohe Temperaturen ( >2000°C) zum Erschmelzen und Verarbeiten
Wasserglas in Wasser kolloidal gelöstes, binäres Alkali-(Li, Na, K) - Silkat Glas, das oft als Leim oder Bindemittelzusatz verwendet wird
chemische Wertigkeit Eigenschaft chemischer Elemente, Elektronen abzugeben oder aufzunehmen und die damit ihre Verhältnisse zueinander in ihren Verbindungen bestimmt.
Alkalien einwertige Metalle der ersten Reihe des Periodensystems und deren Verbindungen, i.B. Li, Na, K;
wirken bei der Glasschmelze als Netzwerkwandler, in dem sie das von dem Siliziumdioxid gebildete Netz aufsprengen
Erdalkalien zweiwertige Metalle der zweiten Reihe des Periodensystems und deren Verbindungen, i.B. Mg, Ca, Ba; wirken bei der Glasschmelze sowohl als Netzwerkwandler wie als Stabilisatoren
Glassatz ist die Rezeptur des Gemenges der Rohstoffe, um ein bestimmtes Glas zu erschmelzen
Schmelze allg. der Übergang der festen in die flüssigen Phase durch die Auflösung der kristallinen Ordnung der Atome, beim Glas im Besonderen die Reaktionen und Verflüssigung des Gemenges der Rohstoffe bei Temperaturen über dem Liquiduspunkt (vgl.: Devitrifikation). Die Glasschmelzer unterscheiden die Rauschmelze, bei der das Glasgemenge schon flüssig aber noch inhomogen und blasig ist, und die Läuterschmelze, bei der es dünnflüssig bei den höchsten Temperaturen auch die feinen Gasblasen (Gispen) austreibt, bevor die Schmelze dann auf die optimale Arbeitstemperatur zurückgebracht wird.
Schmelzofen bleibt normalerweise über die gesamte Ofenreise auf Temperatur, da die Innenauskleidung, die gegen den hohen Temperaturen wie dem Angriff der Alkalien und des Glasfluss standhalten müssen, zwar dicht und hart sind, aber damit empfindlich auf das Aufheizen und Abkühlen reagieren. (s. Hafenofen, Wannenofen)
hochfeuerfest hält Temperaturen von 1800°C stand; feuerfeste Baustoffe Temperaturen von wenigstens 1500°C, darunter werden Materialien nur als feuerbeständig bezeichnet
Hafenofen ist die traditionelle Form eines Glasschmelzofens, wohl schon seit der Antike, im MA in ganz Europa verbreitet, heute nur noch in kleineren Glashütten mit überwiegend händischer Arbeit. Kennzeichnend ist der tägliche Wechsel zwischen dem Ausarbeiten der Häfen und der Glasschmelze über Nacht. Früher mit Holz über eine tiefer gelegte Feuerung, heute meist mit Öl oder Gas beheizt und oft mit Regeneratoren im Unterbau zur Vorerwärmung der Luft (Wärmerückgewinnung). In den fast zimmergroßen, ovalen oder rechteckigen, von einer flachen Kuppel übewölbten Öfen stehen hinter jeder Arbeitsöffnung einer von 6-12 entsprechenden Häfen mit 50-200l Glas, das der Menge entspricht, die die Glasmacher in ihrer Schicht zu verarbeiten haben.
Wannenofen sind große, flache Flammöfen mit Regeneratoren zur Wärmerückgewinnung (Siemens-Ofen), heute oft auch elektrisch beheizt, die i.d.R kontinuierlich betrieben werden und als große Anlagen mit einer autmatisierten Produktion für eine Tagesproduktion von wenigen Tonnen bis hin zu einem vielfachen davon dienen.
Ofenreise, Kampagne meint die gesamte Zeitspanne vom vorsichtigen Antempern des neu gerichteten Ofens, über die erste Schmelze und der komplettten Arbeitsphase bis hin zum vollständigen Abkühlung und Revision des Ofens.
Farbglas, Glasfarben gefärbt wird Glas mit schon geringer Zugaben bestimmter Metallverbindungen. Werden Oxide einfach im Glas gelöst, spricht man von Ionengefärbten Gläser; werden von edleren Metallen die Oxide zugegeben und der Sauerstoffgehalt reduziert, entstehen sogenannte Rubingläser und Anlauffarben, die oft ihre Farbe erst entwickeln müssen; für gelbe, braune und rote Farben werden meist Sulphide und Selenide genutzt; undurchsichtige, opake Gläser enthalten eine mikrostrukturelle Phasentrennung von Bereichen unterschiedlicher Glaszusammensetzungen im besonderen bei Anwesenheit von Fluor und Phosphor.
entfärbte Gläser die fast unumgängliche Anwesenheit von Eisenverbindungen in viele Sanden führt zu einer Grün- oder Blaustich (je nach Oxidationszustand des Eisenions in der Schmelze), bei Erhöhung des Sauerstoffgehalts , z.b. durch Zugabe von Braunstein als „Glasmacherseife“ oder auch von Arsenik, bleibt vom Eisen nur das schwach gelb färbende Fe+++ Ion, zudem kann durch die violette Färbung von Mn++ dieser Farbstich auch optisch neutralisiert werden.
Trotzdem erhält man farbloses Glas nur mit der Verwendung reinster Rohstoffen ohne Verunreinigungen, wie schon die Venezianer im 13. Jhd. wussten.
Schwermetalle und Giftigkeit die Rohstoffe sind fast alle mehr oder weniger gefährlich bis giftig und mit der entsprechenden Vorsicht zu behandeln, von der Lagerung, über das Mischen bis hin zum Schmelzen.
Einmal im Glas gebunden, lösen sie sich nur sehr schwer. Säuren und Laugen, sowie höhere Temperaturen und lange Zeiträume begünstigen den Angriff, so dass man sagen kann, dass ein langes Aufbewahren oder die heiße Zubereitung von Speisen oder Getränken z.B. in Bleikristallglas heute nicht mehr empfohlen wird, während das kurzzeitige Benutzen z.B. als Trinkgeschirr als unbedenklich zu sehen ist.
hydrolytische Klassen Glas wird schon von der Anwesenheit der Luftfeuchtigkeit angegriffen, das Glas altert und korrodiert je nach Zusammensetzung, aber doch erst über Jahrzehnte oder Jahrhunderte.
Säuren und Laugen verstärken den Angriff, aber nur die Flusssäure kann Glas ensthaft ätzen.
Um zu prüfen, in welchem Ausmass, wird es fein gemahlen und stundenlang gekocht um im Waschwasser dann Spuren der löslichen Bestandteile nachweisen zu können, was z.B. genutzt wird um die hydrolytische Klasse des jeweiligen Glases zu bestimmen.
Brechkraft, Refraktion meint die Veränderung der Richtung eines Lichtstrahls an der Grenze von zwei unterschiedlichen optischen Medien
spektralen Durchlässigkeit, Transmission vergleicht die Durchlässigkeit der verschiedenen spektralen Farben eines Lichtstrahls
Kronglas ein optisches Glas mit einem Brechungsindex von 1,5 – 1,6 und einer Abbezahl von 50 – 60, in der Zusammensetzung oft ähnlich dem Normalglas oder dem Kristallglas
Flintglas ein optisches Glas mit einem Brechungsindex von 1,5 – 2 und einer Abbezahl von < 50 , in der Zusammensetzung oft ähnlich dem Bleikristallglas
Wärmeausdehnungs-
koeffizienten, WAK
das relative Mass für die Längen- (oder Volumen-) Änderung bei unterschiedlichen Temperaturen   L = L0 ⋅ (1+ α ⋅ ΔT)
Hartglas technische Gläser mit α ≤ 6·10−6/K
Weichglas technische Gläser mit α ≥ 6·10−6/K
Viskositätsskurve beschreibt den Verlauf der Viskosität bei verschiedenen Temperaturen
kurze Gläser haben eine steilen Verlauf der Viskositätsskurve zwischen der Arbeitstemperatur und dem Erweichungspunkt, das Glas ist schneller hart
lange Gläser haben eine flachen Verlauf der Viskositätsskurve zwischen der Arbeitstemperatur und dem Erweichungspunkt, das Glas ist länger weich
Sicherheitsglas hat besondere Anforderungen an Belastbarkeit und Widerstandsfähigkeit, aber besonders für den Schadensfall Anforderungen an die Minimierung möglicher Schäden z.B. durch Verletzungen
Einscheiben-
sicherheitsglas, ESG
eine einzelne thermisch vorgespannte Glasscheibe, die dadurch zunächst eine größerer Festigkeit zeigt, bei Bruch aber schlagartig komplett in kleine, wenig scharfe Scherben zerspringt und eine geringere Gefahr für schwere Verletzungen geben soll.
Verbund-
sicherheitsglas, VSG
aus mehreren Scheiben mit zwischengelegter, reissfester Kunststoffolie verklebt, die im Lastfall verhindern, dass einzelne Scherben sich lösen, so dass einerseits immer noch eine reduzierte Schutzwirkung gegeben sein und andrerseits keine Gefährdung durch Splitter oder Scherben entstehen soll.
Drahtglas ein Gussglas, bei dem in der Herstellung ein Drahtgitter eingelegt wird, das vehindern soll, dass bei Glasbruch größerer Scherben herunterfallen, früher häufig für Überkopfverglasungen eingesetzt.
Viskosität beschreibt die innere Reibung einer Flüssigkeit (als Symbol: η, eta) und wird in Pa s gemessen, oft wird aber in Anlehnung an die ältere, obsolete Einheit "Poise" aus dem cm-g-s System auch dPa s benutzt (10 dPa s = 1 Pa s).
Logarithmen sind die mathematische Darstellungen von Zahlen indem sie den Exponenten zu der jeweiligen Basis angeben.
Im Zehnerlogarithmus entsprechen damit die Zahlen vor dem Punkt die Anzahl der Zehnerstellen, die danach, die 'Mantisse', dem Wert zwischen 1 und 10;
um sich grob zu orientieren reicht es die Werte für 2 ≙ 0.3010; für 3 ≙ 0.4771 und vielleicht noch die mit 7 ≙ 0.8451 auswendig zu kennen, die anderen ergeben sich durch Addition oder Subtraktion, bzw. lassen sich grob schätzen.
z.B. der Logarithmus von 500 ist 3 − 0.3010 = 2.6990, wegen 1000 ⁄ 2; man könnte auch sagen, 2.6990 ist nur ein anderer Name für die 500 (in der Sprache der Logarithmen)
als zweites Beispiel: der Logarithmus von 2 hoch 10 ist grob 0.3 mal 10, also etwas knapp über 3, 2 hoch 10 ergibt also ein bisschen mehr als 10 hoch 3 (der genaue Wert wäre 1024).
Es werden also aus Multiplikationen einfache Additionen und aus Exponentialrechnungen Multiplikationen.
Damit ist diese Darstellung besonders geeignet, um große Zahlenräume übersichtlicher zu machen, wenn auch etwas ungenau … und zumindestens in der Musik benutzen wir mit den Tonleitern sowieso eigentlich schon immer Logarithmen!
Transformationstemperatur beschreibt die für das jeweilige Glas spezifische Temperatur einer virtuellen Grenze innerhalb des Transformationsbereichs, bei der sich Eigenschaften wie die Wärmedehnung (als Extrapolation) oder die Viskosität (als Wendepunkt) ändern. Wichtig ist dieser Temperaturpunkt besonders für das spannungsfreie Kühlen durch die geregelte Temperung und Kühlung innerhalb der Kühlkurve, da der obere Kühlpunkt meist in der Nähe von T(G) liegt. Bei Silikatgläser liegt T(G) meist bei einer Viskosität von log(η) ≈ 12,3 Pa s (vgl.: Kühlkurve).
Littleton-Temperatur, softening point bezieht sich auf die jeweilige Temperatur, bei der ein Glas ein bestimmtes Maß an Viskosität erreicht hat mit log(η)=6,6 Pa s
weitere Temperaturpunkte: untere Kühltemperatur (strain point): log(η)=13.5 Pa s
obere Kühltemperatur (annealing point): log(η)=12.3 Pa s
Arbeitstemperatur (working point): log(η)=3 Pa s
Schmelztemperatur (melting point): log(η)=1 Pa s
Spannung meint, dass in einem Körper Kräfte zwischen einzelnen Teilen oder Schichten wirken, die ihn ihn entsprechend seiner Elastizität verformen, ihn dehnen oder stauchen bis hin zur Zerstörung bei Überschreiten der Bruchgrenze
Kompatibilität meint die 'Verträglichkeit' zweier Materialien, hier von verschiedenen Gläser.
Sicher ist die Kompatibilität im Zweifel nur bei Glasstücke, die aus der selben Schmelze kommen, ansonsten muss man sich auf Herstellerangaben verlassen.
Oder testet selber, z.B. mit einem einfachen Fadentest, bei denen die Gläser verschmolzen werden und zu einem dünnen, geraden Faden ausgezogen werden: nach dem vollständigen Abkühlen zieht sich das Glas mit dem größeren WAK stärker zusammen und verbiegt den ursprünglich geraden Faden; als grober Hinweis kann man sagen, dass bei einem Faden mit 1mm Ø x 30cm Länge eine Durchbiegung mehr als 4mm ein schlechtes Zeichen ist!
Kühlspannung Bleibende, residiente Spannungen, die von Temperaturdifferenzen im Objekt während das Durchlaufen des Transformationsbereichs herrühren.
Können, solange keine Sprünge aufgetreten sind, durch nochmaliges Erwärmen und Tempern am oberen Kühlpunkt und anschließendem vorsichtigem Abkühlen beseitigt werden.
thermische Spannungen Durch Temperaturdifferenzen im Stück, z.B. in der Wandung, entstehende Spannungen durch den unterschiedlichen Dehnungszustand auf Grund des Wärmeausdehnungskoeffizienten, WAK.
Sie verschwinden i.d.R., wenn die Temperaturen über das ganze Stück wieder ausgeglichen sind (vgl.: Kühlspannung)
visko-elastisch verhält sich ein Körper, der im ersten Moment elastisch auf eine Belastung reagiert, dann aber langsam durch sein viskoses Verhalten nachgibt (als Beispiel sei ein Stoßdämpfer genannt, bei dem eine Feder Stöße elastisch aufnimmt, längere Belastung aber über den Öl gefüllten Zylinder).
natürliche Kühlung Ein heißer Körper kühlt in einer kalten Umgebung ohne äußeren Einfluss erst schnell, dann immer langsamer ab, weil der oberflächlichen Wärmeabfuhr, gegeben durch die abnehmende Temperaturdifferenz an der Oberfläche und dem Maß des Wärmeübergangs, der Wärmeleitung in dem Körper und der ebenso abnehmende, gespeicherten Wärmemenge gegenüber steht.
Bei großer innerer Wärmeleitfähigkeit und kleinen Wandstärken ergibt sich näherungsweise eine reine Exponentialkurve mit negativen Exponenten
mit T = T0 ⋅ e−t/τ, respektive t = τ ⋅ ln (T0 ⁄ T)
[am Rande: man kann das auch benutzen, um Zeiten grob abzuschätzen, wie lange z.B. ein Ofen noch braucht mit τ= Ti ⋅ Δti ⁄ ΔTi , auch wenn τ mit abnehmender Ofentemperatur immer größer wird...]
vgl. 'Formelsammung', S. 13 und S. 22
Kühlofen ist ein separater Ofen zum Tempern und Abkühlen der Glasstücke, i.b. beim Arbeiten mit heißem Glas, enweder mit einem eingebauten, langen Band, das die entsprechenden Temperaturzonen durchläuft, oder als schrank- oder truhenartiger Ofen, der meist bei Temperaturen um 450 - 550°C steht, um die Tagesproduktion zu sammeln und sie gemeinsam mit der jeweiligen Kühlkurve entsprechend auf Raumtemperatur abzukühlen.
Kühlkurve beschreibt den zeitlichen Verlauf des geregelten Abkühlens, je nach Art des Glases, der Größe und vor allem der Dicke der zu kühlenden Stücke.
Am Anfang steht eine Haltezeit, bei der die obere Kühltemperatur ausreichend lange gehalten wird um Temperaturunterschiede in den Objekten auszugleichen und vorhergehende Spannungen abzubauen, darauf folgt meist eine erste Abkühlphase, bei der die Grenze von neuen Temperaturdifferenzen im Stück nicht überschritten werden darf um die Kühlspannungen zu beschränken, die dann ab dem unteren Kühlpunkt in eine zweite Phase übergeht, bei der nur noch die Temperaturwechselbeständigkeit die Kühlgeschwindigkeit einschränkt.
vgl. 'Formelsammlung', S. 16ff
Glashütte In vorindustrieller Zeit, als die Öfen durchweg mit Holz beheizt worden sind, folgten die Glasmacher dem Wald, den sie sukzessive abgeholzt haben. Sie mussten also nicht nur die Öfen, wie auch heute, immer wieder neu errichten, sondern oft auch nach wenigen Jahrzehnten ihren Standort anpassen und mitsamt den Gebäuden umziehen.
Glasmacher Die Glasmacher gehörten im ausgehenden MA zu den selbsttändigen Berufen, die mit den Grund- und Wald(!)eigentümer eigene Konzessionen haben mussten und sich oft als Genossen zusammen schlossen um die Öfen und Werkstätten gemeinsam zu betreiben.
Im heutigen Berufsrecht sind sie als Facharbeiter der Industrie zugeordnet und der Begriff bezeichnet nur noch die Tätigkeiten der 'Ofenarbeit', eben das Glasmachen vor dem Ofen. (vgl.: Glasbläser)
Glasposten meint die noch ungeformte Menge, die mit der Pfeife oder Eisen dem Schmelzofen entnommen wird um ihn zu verarbeiten; das Glas das auf der Pfeife/Eisen sitzt (und nicht Teil des Stücks wird) wird dagegen als 'Nabel' angesprochen.
Glasmacher-Pfeife, Anfangeisen, Heft- oder Bindeeisen sind Werkzeuge, mit denen das Glas aus dem Schmelzofen geholt wird. Pfeifen sind durchgehend hohl, um das Glas blasen zu können, der zunderfreie Kopf ist bei 'rheinischen' Pfeifen konisch verbreitert, bei 'böhmischen' gerade, am kalten Ende haben sie oft einen hölzernen Griff zum Drehen des Glaskölbels beim Einblasen in Formen.
Manche Anfangeisen haben einen kugelförmigen Kopf, der den Umfang des Postens vorgibt, während die Eisen allg. oft nur eine einfache gerade Form haben.
Überfang Der Glasmacher bezeichnet das Eintauchen in die Schmelze im Ofen und das wiederholte Aufnehmen des frischen, heißen Glases über einen inzwischen erstarrten Kölbel oder Posten als 'Überfangen' oder 'Überstechen', der 'Überfang' ist damit die äußere, u.U. auch farbige Glasschicht.
Bewegen Ist das Glas weich genug, also genügend heiß, kann man der Eigenbewegung durch die Schwerkraft zuschauen. Es ist dabei die Kunst, es durch ein ständiges Drehen und Bewegen soweit zu kontrollieren, dass es in der Mitte bleibt und die Proportion und Form gewinnt, die beabsichtigt wird.
Arbeitsrhythmus Da das Maß, wie leicht das Glas fließt und wie dünn es wird, von der Zähigkeit, also der Temperatur abhängt, spielen die Zeiten eine große Rolle und damit der Arbeitsrhythmus. Ein dünneres Glas verlangt einen schnelleren Arbeitsrhythmus, ein langsamerer führt zu dickerem Glas und man braucht mehr Kraft, gibt aber mehr Kontrolle...
Marbeln und Wulgern Beim "Marbeln" wird der Posten über eine Platte gerollt (früher wohl aus Marmor, heute meist Stahl) , beim "Wulgern" in einem "Wulgerholz" gedreht, einem löffelförmigen Holzblock mit Stiel, der wie alle Werkzeuge aus Holz in Wasser gelagert sein muss, manchenorts ersetzt auch von einem Packen feuchtem Zeitungspapier, das in der Hand gehalten wird. Die Funktionen sind immer zweischichtig: vordergründig wird das Glas rund geformt, aber fast genau so wichtig, ist die gezielte Manipulation der Temperatur.
Kölbel ist eine Glasblase (im Unterschied zum Glasposten), die noch nicht ihre endgültige Form und Größe hat
Glasblase im Unterschied zu der inneren Blase beim Glasblasen, die durch das Einblasen der Luft in einen heißen Glasposten entsteht, entstehen Luftblasen auch durch das Einschließen von Luft in Unebenheiten oder Vertiefungen der Glaswand oder Boden beim Überstechen ("Stechblase"), während kleine Bläschen ("Gispen") auf eine nicht ausreichende Läuterung der Schmelze hinweisen.
Scheren Die Auftreibscheren ähneln den antiken, römischen Scheren mit einem Federrücken und dienen zum Einschnüren, "Einschneiden" (von außen) oder dem Aufweiten, "Auftreiben" (von innen). "Zwackeisen" sehen fast genauso aus, werden aber wie (große) Pinzetten benutzt. Daneben gibt es auch Gelenkscheren zum Abschneiden oder als "Henkelschere" mit ihren papagaienschnabelartigen Scherblättern.
frei-geblasen Der Verzicht auf eine Form zum Einblasen ermöglicht eine freie Gestaltung der individuellen Stücke als Unikate.
in-Form-geblasen Die Formen zum Einblasen sind traditioneller Weise aus hartem, grünem Birnbaum- oder Buchenholz (hohl-) gedrechselt, gespalten und mit Scharnier und Griffe zum Auf- und Zuklappen versehen.
Anheften und Auftreiben Dabei wird das Glas am Boden angeheftet, von der Pfeife abgeschlagen und mit der Lippe zuerst wieder erwärmt um es zu öffnen.
Pâte de Verre wörtlich 'Glas-Teig' als franz. Terminus für eine Sintertechnik, die, in Anlehnung an antike ägyptische Funden von Glaselementen von Skulpturen, aus - meist farbigem - Glasmehl, in einer Negativ-Formen geschmolzen, reliefartigen oder dreidimensionalen Körper ergeben, die transluzid aber opak und mit feinen Luftbläschen durchsetzt sind. Im ausgehenden Historismus aber vor allem im Jugendtstil und Art-Deco besonders in Frankreich verbreitet für Reliefe, Kleinplastiken und skulptural dekorierte Gefäße.
Schamotte als Zuschlag für feuerfeste Baustoffe, Schamottesteine und auch im Formenbau für feuerbeständige Massen. Hergestellt aus zerkleinertem, bereits gebranntem Ton, klassifiziert nach Korngössen und Feuerbeständigkeit, mit höherem Aluminiumoxid-Anteil um so feuerbeständiger.
Im einfachsten Fall Ziegelsplitt, der schon von den Römern als Zuschlag für Beton genutzt wurde.
und diverse Rezepte für unterschiedliche Massen kann man auch in meiner 'Formelsammlung' finden, S. 22f
Glasfluss bei Glasmalfarben der Anteil an leicht schmelzbarem Glas, das quasi als Kleber beim Einbrennen fungiert, oft stark bleihaltig!
Diamant ist eine Modifikation von Kohlenstoff und verbrennt auch an Luft bei Temperaturen über 600°C! Als härtestes Schleifmittel mit großer Abtragsleistung braucht es eine hohe Korngeschwindigkeit bei geringem Druck und guter Spülung. Preiswertere Diamantwerkzeuge sind meist nur galvanisch mit einer einzelnen Schicht Diamantkörner belegt, während gesinterte Beläge eine hohe Standzeit versprechen durch das Freilegen frischer Körner in der Abnutzung ('Schärfen').
Korund mineralogische Bezeichnung für Aluminiumoxid, als Edelstein Saphir oder Rubin genannt. Schon seit der Antike als Schleifmittel genutzt (nat. Schmirgel von Naxos, Griechenland), heute synthetisch hergestellt als 'Normal-' (braun-schwarz), Elektro- (rot-braun) oder Edel- (weiß) Korund, hat stumpfere Kantenwinkel als Diamant oder SiC und damit zwar eine geringere Abtragleistung aber besserer Oberflächenqualität und ergibt schon bei mittlerer Körnung ein feines, polierfähiges Matt.
Siliziumkarbid, SiC Eine synthetische Silizium-Kohlenstoff Verbindung, die von der Härte her nicht ganz an Diamant herankommt und auch als Feuerfestmaterial Verwendung findet. Zum Schleifen als loser Sand oder als relativ weich gebundene Keramikscheiben für den Vorschliff genutzt.
Bimsmehl und Kieselgur wurden schon früh als Poliermittel eingesetzt. Bims ist neben Obsidian die häufigste Art von natürlichem, vulkanischem Silikatglas.
Kieselgur, auch Tripel genannt, ist eine sedimentäre Diatomeenerde, also eine Ablagerungen der Skelette verschiedener mariner Kieselalgen.